Sie haben wahrscheinlich schon von Superhelden gehört, die fliegen können, die Zukunft vorhersagen oder übermenschliche Stärke besitzen. Aber wussten Sie, dass auch der unsicher-vermeidende Bindungsstil bestimmte einzigartige Eigenschaften aufweisen kann, die als persönliche Superkräfte betrachtet werden können? Obwohl dieser Bindungsstil seine Herausforderungen mit sich bringt, ist es wichtig, sich auch auf seine positiven Aspekte zu konzentrieren.
Welche Bindungsstile gibt es?
Bevor wir uns jedoch den Superkräften des unsicher-vermeidenden Bindungsstils zuwenden, werfen wir einen kurzen Blick auf die Grundlagen der Bindungstheorie. Die Art und Weise, wie wir als Kinder eine Bindung zu unseren Betreuungspersonen aufbauen, beeinflusst unsere Fähigkeit, später gesunde Beziehungen einzugehen. Kinder, die sich von ihren Betreuungspersonen sicher, wahrgenommen und verstanden fühlen, entwickeln in der Regel eine sichere Bindung. Sie haben ein positives Selbstbild und können ihre Emotionen gesund regulieren.
Allerdings können Kinder, die in einer Umgebung aufwachsen, die als inkonsistent, vernachlässigend oder traumatisch wahrgenommen wird, eine unsichere Bindung entwickeln.
Es gibt drei Formen unsicherer Bindung:
Der unsicher-vermeidende Bindungsstil
Der unsicher-vermeidende Bindungsstil, auch als vermeidend bekannt, ist eine der drei Formen unsicherer Bindung. Er entsteht oft aus einer wahrgenommenen Ablehnung durch Betreuungspersonen in den ersten eineinhalb Lebensjahren. Diese Betreuungspersonen waren möglicherweise emotional nicht verfügbar und haben Nähe und Emotionen vermieden.
Es ist nicht unbedingt so, dass sie die Wünsche und Bedürfnisse ihres Kindes bewusst abgelehnt haben, sondern sie haben sie wahrscheinlich nicht verstanden. Wenn das Kind also nach Unterstützung, Zuneigung und Verbindung suchte, haben diese Betreuungspersonen sich emotional zurückgezogen. Dadurch entwickeln diese Kinder oft die Überzeugung, dass die Menschen in ihrem Leben ihre Bedürfnisse nicht erfüllen werden und dass sie sich nicht auf andere verlassen können.
Als Konsequenz meiden Menschen mit diesem Bindungsstil oft emotionale Nähe zu anderen - das ist ein Abwehrmechanismus, um sich vor der Angst vor Zurückweisung zu schützen. Indem sie sich anderen von vornherein verschließen, können sie den Schmerz der Ablehnung vermeiden.
Allerdings können sie durch ihr Verhalten, andere auf Distanz zu halten, genau die Situation schaffen, die sie eigentlich vermeiden möchten. Sie könnten damit eine selbsterfüllende Prophezeiung erschaffen, bei der sie Menschen von sich stoßen und gleichzeitig die Überzeugung verstärken, dass sie nicht liebenswert sind.
Es ist nachvollziehbar anzunehmen, dass der unsicher-vermeidende Bindungsstil nur nachteilige Folgen hat. Aber es könnte Sie überraschen zu erfahren, dass es möglicherweise auch eine Reihe von Vorteilen gibt.
Lassen Sie uns nun einen Blick auf die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils in verschiedenen Bereichen werfen:
Die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils am Arbeitsplatz:
Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil können als evolutionäre Altruisten betrachtet werden. Sie tragen persönliche Kosten, um die Lebensqualität anderer zu verbessern. Eine Studie von Ein-Dor und Kollegen (2010) hat gezeigt, dass ein unsicherer Bindungsstil auf individueller Ebene schädlich sein kann, aber auch potenzielle evolutionäre Vorteile bietet.
Dieser scheinbare Widerspruch lässt sich damit erklären, dass es zwar persönliche Nachteile bei einer unsicheren Bindung gibt, aber auch wertvolle Gruppenvorteile. Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil können schneller auf Bedrohungen in ihrer Umgebung reagieren, was im Arbeitsumfeld vorteilhaft ist, da sie Probleme schnell erkennen und genügend Zeit haben, um sie zu lösen oder ihre Auswirkungen zu minimieren.
Sie benötigen weniger Unterstützung von anderen bei der Entscheidungsfindung und sind unabhängig. Dadurch steigern sie die Effizienz und reduzieren den Ressourcenbedarf.
Wenn es auf eine Deadline zugeht, ist ein Mitarbeiter mit vermeidendem Bindungsstil wahrscheinlich derjenige, der die Aufgabe erledigt!
Da sie weniger Interesse daran haben, sich bei der Arbeit sozial zu engagieren, konzentrieren sich Kollegen mit einem vermeidenden Bindungsstil eher auf ihre Arbeit und Leistung. Sie sind motiviert, sich beruflich erfolgreich weiterzuentwickeln und können in ihrer Karriere aufsteigen.
Zusammenfassend sind die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils im Arbeitsumfeld:
Schnelle Reaktion auf Bedrohungen in der Umgebung
Weniger Abhängigkeit von anderen für Unterstützung
Hohe Unabhängigkeit
Konzentration auf die Arbeit
Mehr Vertrauen in eigene Entscheidungen und Fähigkeiten
Motivation, beruflichen Erfolg anzustreben
Die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils in Beziehungen:
Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil sind in Beziehungen weniger bedürftig und klammernd als andere Bindungsstile. Natürlich hängt die Reaktion eines vermeidend gebundenen Menschen auf die gewünschte Nähe auch von der Bindungsart seines Partners ab.
Dennoch sind Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil oft respektvoll gegenüber den Grenzen ihres Partners. Sie überschreiten diese Grenzen nicht und bedrohen dadurch die Beziehung nicht. Sie dringen nicht auf zu viele Informationen ein oder zwingen ihren Partner dazu, zu viel persönliche Information preiszugeben, sondern respektieren die Freiheit des anderen.
Aufgrund ihrer frühen Erfahrungen sind Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil eher dazu geneigt, ihre Emotionen zu schützen. Das bedeutet, dass sie in Beziehungen reservierter sein können. Sie neigen auch dazu, sich emotional weniger zu öffnen und weniger verletzlich zu sein.
Zusammenfassend sind die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils in Beziehungen:
Weniger Bedürfnis nach dem Partner
Kein Ersticken in einer Beziehung
Respekt vor den Grenzen des Partners
Schutz der persönlichen Verletzlichkeit
Unabhängigkeit und Individualität
Die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils in Freundschaften
Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil sind bekannt für ihre Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie keine guten Freunde sein können.
Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil können sehr kontaktfreudig und beliebt sein. Sie haben oft Selbstvertrauen in sich selbst und was sie anderen in ihrer Freundesgruppe bieten können. Aus diesem Grund und der Tatsache, dass ihnen emotionale Nähe schwerfällt, haben Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil möglicherweise viele Freunde, anstatt nur wenige enge Freunde zu haben.
Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil sind oft diejenigen, die aufgrund ihres Selbstvertrauens und ihres hohen Selbstwertgefühls das Leben einer Party sind. Sie können auch Interesse an neuen Menschen in ihrer Freundesgruppe zeigen, auch wenn sie keine tiefere Verbindung wünschen. Eine Person mit einem vermeidenden Bindungsstil wird ihre Freunde nicht dazu drängen, ihre Emotionen zu teilen oder Zeit mit ihnen zu verbringen. Sie lassen ihnen ihren persönlichen Raum.
Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil können großartige praktische Ratschläge geben. Sie sagen ihren Freunden jedoch möglicherweise nicht unbedingt das, was sie hören möchten, sondern das, was sie hören müssen. Menschen mit einem vermeidenden Bindungsstil neigen dazu, logisch zu denken, anstatt von ihren Emotionen geleitet zu werden.
Zusammenfassend sind die Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils in Freundschaften:
Fähigkeit, kontaktfreudig und beliebt zu sein
Vertrauen in das, was sie anderen bieten können
Das Leben einer Party sein
Freundlich zu neuen Bekanntschaften
Kein Bedrängen von Freunden nach ihrer Zeit
Keine Offenlegung von Emotionen von Freunden verlangen
Logisch denken statt von Emotionen geleitet zu werden
Welche Superkräfte kennen Sie von sich?
Welche der Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils identifizieren Sie sich am meisten? Bindungsstile liegen oft auf einem Spektrum. Es ist wahrscheinlich, dass Sie sich in unterschiedlichem Maße mit den Merkmalen Ihres Bindungsstils identifizieren als jemand anderes.
Möchten Sie herausfinden, ob Sie sich mit den Superkräften eines anderen Bindungsstils identifizieren? Dann schauen Sie sich unsere Artikel über die Superkräfte des sicheren, ängstlichen und desorganisierten Bindungsstils an.
Wenn Sie sich bewusst sind, dass Sie einen unsicher-vermeidenden Bindungsstil haben und daran interessiert sind, daran zu arbeiten, gibt es Möglichkeiten, Ihre Beziehungsfähigkeiten zu verbessern und Ihre Nachteile auszugleichen.
Eine effektive Methode zur Bewältigung eines unsicher-vermeidenden Bindungsstils ist die Three-Pillars-Methode, I n unseren Workshops oder der Einzeltherapie können Sie Ihre Beziehungsfähigkeiten stärken und Ihre Superkräfte des unsicher-vermeidenden Bindungsstils ausbalancieren.
Denken Sie daran, dass Bindungsstile auf einem Spektrum liegen und dass es normal ist, sich mit verschiedenen Merkmalen aus verschiedenen Bindungsstilen zu identifizieren. Jeder hat seine eigenen einzigartigen Stärken und Herausforderungen. Das Verständnis Ihres Bindungsstils kann Ihnen dabei helfen, Ihre Beziehungsdynamik besser zu verstehen und positive Veränderungen vorzunehmen.
Quellen:
Ein-Dor, T., Mikulincer, M., & Shaver, P. R. (2011). Attachment insecurities and the processing of threat-related information: Studying the schemas involved in insecure attachment and their effects on affect regulation. Journal of Personality and Social Psychology, 101(5), 78-101.
Mikulincer, M., Shaver, P. R., & Pereg, D. (2003). Attachment theory and affect regulation: The dynamics, development, and cognitive consequences of attachment-related strategies. Motivation and Emotion, 27(2), 77-102.
Frankenhuis, W. E. (2010). Did insecure attachment styles evolve for the benefit of the group? Frontiers in Psychology, 1(72), 1-9.
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